…und Ekel befällt mich, wenn ich an diese sehr gute, weil so erschütternde und aufrüttelnde Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe denke, die ich diese Woche mit Frau Nähzimmer besucht habe.
Fast Fashion befasst sich kritisch mit sämtlichen Aspekten der Mode- und Bekleidungsindustrie. Dabei geht´s um Mangel und Überfluss, globale Gewinnspannen und lokale Löhne, darum, was wir Menschen Tieren und anderen Menschen antun; es geht um den mörderischen Einsatz von Pestiziden im konventionellen Baumwollanbau, um chemische Produktionsprozesse und darum, wie der Inhalt unseres Kleiderschranks aussehen könnte, würden wir auf Slow Fashion setzen. Nicht nur Ansätze wie Re- und Upcycling werden da erneut vorgestellt, sondern z. B. der des Zero Waste, also einer Produktionskette, in der so gut wie keine Textilabfälle anfallen.
Ja, weiß ich alles längst, denkt da so mancher, finde ich ja auch schlimm, habe aber trotzdem keinen Goldesel, um die Mehrkosten fair und nachhaltig produzierter Kleidung zu tragen, ein anderer. Ich glaube, viele von uns haben diesbezüglich bereits ein Gewissen entwickelt, aber beim Klamottenkauf tatsächlich Engel auf der linken und Teufel auf der rechten Schulter sitzen. Und stellt sich die Frage, kaufe ich das Shirt mit dem Fair Trade-Siegel oder genehmige ich mir für denselben Geldbetrag drei modisch geschnittene Oberteile einer konventionell produzierenden Bekleidungskette, siegt häufig der kleine Rote mit den Hörnern. Dabei darf man sich ruhig noch einmal vergegenwärtigen, dass auch viele große Marken-Labels, für deren Produkte wir viel Geld hinblättern, weder fair noch nachhaltig produzieren. Ich für meinen Teil bin echt angewidert, wenn ich mir vorstelle, dass sich für mein Kleidungsstück Arbeiter auf konventionellen Baumwollplantagen mit Pestiziden so vergiften, dass sie es nicht einmal lebend ins Krankenhaus schaffen, und Näherinnen zwar ohne Unterlass arbeiten, aber am Ende des Monats einen Lohn nach Hause tragen, der nur einen Bruchteil der monatlichen Ausgaben deckt.
Wer sowieso schon irgendwie fühlt, dass er zum endgültigen Umdenken und Handeln nur noch den allerletzten Schubs braucht, möge sich diese Ausstellung ansehen. Alle anderen selbstverständlich auch.
Im Netz geistert eine Typonachricht herum mit dem sinngemäßen Wortlaut: Erst bei Primark ein T-Shirt für 2,50 € kaufen und hinterher einen Café Latte für 6 € bei Starbucks trinken. Da grinsen wir alle immer wissend. Sagen: Ja, genau, wie bitter. Nach dem Besuch dieser Ausstellung grinst ihr nicht mehr. Da wollt ihr einfach hinmachen und handeln, damit sich etwas in die richtige Richtung bewegt.
Fast Fashion
20. März bis 20. September 2015
Museum für Kunst und Gewerbe
Steintorplatz
20099 Hamburg
P.S. Bitte überlegt euch gut, ob ihr das Filmmaterial ‚ab 18‘ in der abgeteilten Nische des Ausstellungsraumes ansehen wollt. Ich hatte Bedenken, hielt mich aber für eine hartgesottene Kettensägenmassaker-Maid. Die Maid hat nicht einmal drei Sekunden lang hinsehen können.
Ich mag euch nicht mit vielen Links zuballern, aber diese vier sind hilfreich, wenn man sich schnell einen Überblick verschaffen möchte:
– bei Fairtrade Deutschland findet ihr z. B. eine Produkt- und Produzentenliste fair gehandelter Waren
– bei Fairtrade Kleidung könnt ihr euch über Produzenten und Anbieter (Labels, OnlineShops, Baby- und Kleinkindkleidung) informieren
– bei rankabrand könnt ihr recherchieren, wie nachhaltig die Bekleidungsmarken wirtschaften, die ihr tragt
– im Bioverzeichnis findet ihr viele weiterführende Adressen sowie Bio- und Ökoinformationen
So ein wichtiges Thema – danke für die Links am Ende deines Artikels!
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Sehr gern geschehen, brannte und brennt mir unter den Nägeln!
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Oh da erwischst du mich eiskalt, ich hatte im Februar 2012 auch was in die Richtung gebloggt, leider kam das nicht gut an bzw viele haben sich angegriffen gefühlt. Vielleicht ist jetzt ein guter Zeitpunkt es nochmal aufzugreifen. Hier mein Beitrag von 2012 http://nephtyis.com/2012/02/04/herzensangelegenheit/ Liebe Grüße
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bzw falsch gesagt es kam schon gut an, doch ich bekam viele Pn´s usw die nicht erfreut waren. Öffentlich war alles gut.
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Liebe Eva,
gerade habe ich Deinen Artikel gelesen (ich finde ihn gut!) und verstehe nicht, warum sich Menschen damals angegriffen gefühlt haben, denn es ist lediglich ein Aufruf, sich die Bedingungen der Textilproduktion in den großen Nähereien einmal zu vergegenwärtigen und eine Latte an Vorschlägen und hilfreichen Adressen.
Ich will jetzt auch niemanden angreifen, wir haben alle nicht absichtlich angefangen, „unfair produzierte“ Kleidung zu tragen. Nur ist es doch heute so, dass wir darum wissen, und trotzdem ist es manchmal so schwer zu widerstehen. Und selbstverständlich gibt es Mitmenschen, die interessieren sich nicht für Arbeitsbedingungen ferner liefen, die sind froh, wenn sie mit ihrem Budget ihre Kinder und sich selbst eingekleidet bekommen haben. Aber gerade wenn es um Massenkonsum geht, darum, sich möglichst alle zwei Monate neu und günstig einzukleiden, finde ich, sollte man sich vergegenwärtigen, was für eine Maschinerie dahintersteckt. Die wir durch unser schnellebiges Konsumverhalten möglich machen!
Nein, niemand soll sich angegriffen fühlen, aber angestupst! Denn wie Du so treffend in Deinem Eintrag geschrieben hast: Auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem Schritt!
Herzliche Grüße nach Monnem!
Tina
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Wenn man solche Ausstellungen – oder wenigstens einen kleinen Teil – vor den Primarks dieser Welt aufstellen würde – vielleicht würde es helfen. Wer selbst kein Geld hat, wird sich aber auch von den Bildern und Filmen nicht abschrecken lassen. Wer trotzdem so ein Arschloch ist, sollte mir mal vorm Starbucks begegnen…
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Liebe Jessa,
ja, das Finanzielle ist natürlich immer ein Aspekt, ganz klar. Aber gerade dann, wenn das nötige Kleingeld vorhanden ist, wäre es doch außerordentlich fair, sich zu überlegen, was man damit anfängt. Und ob man so etwas Entsetzliches unterstützen möchte. Finde ich.
Liebe Grüße,
Tina
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Das hast du Recht, gerade wenn man danach überteuerten Kaffee trinken geht.
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