Where are the cocktails, hon?

Lang ist es her, dass ich angekündigt habe, meinen Königinnen-Küchenstuhl neu zu beziehen. Zwischendurch plagten mich nämlich nicht zu verachtende Selbstzweifel. Die waren dann aber irgendwann wieder weg und zwar genau an dem Punkt, an dem der Stuhl derart verlottert ausgesehen hat, dass ich ihn in den Keller hätte tragen müssen. Bei uns zu Hause ist ja nun vieles wirklich alt, aber total verschlissen ist dann auch für mich irgendwann inakzeptabel.
Aus dem Grund bitte ich Euch auch darüber hinwegzusehen, dass ich kein Vorher-Bild poste. Ihr könnt Eurer Phantasie ja freien Lauf lassen und Euch einen ca. 60 Jahre alten Cocktailstuhl mit Vinylbezug vorstellen, dessen Vordernaht an der Sitzkante gute 25 cm aufklafft und so Einblick ins Innenleben gewährt. Und morgens die Rüttinger (= me) drauf, zerknautscht und vorm ersten Kaffee.

Ob ich alles richtig gemacht habe? Keine Ahnung! Ich werde ja sehen, wie lange der Bezug hält! Aber die Optik, die begeistert, oder?! :)

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Diesen absolut sensationellen Bezugsstoff habe ich Tina zu verdanken, die ihn mir vor sechs Wochen aus den USA mitgebracht hat. Die war nämlich in New York bei Mood Fabrics und hat vorher ne Bestellung aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht wofür, aber oft ist es ja so, dass zusammen kommt, was zusammen soll, und als ich sah, dass sich das Orangerot im Stoff auch im Vinylbezug (intakt, wohlgemerkt!) der Lehne wiederfindet, war die Sache geritzt. :)

Also habe ich den Stuhl auseinandergebaut (was ja grundsätzlich der leichteste Part ist), Ziernägel und Tackermunition herausgepult, den kaputten Bezug entfernt, diesen auch komplett in seine Bestandteile aufgetrennt und anhand dieser Teile ein Papierschnittmuster für die Sitzfläche erstellt. Im Nachhinein weiß ich, dass ich etwas großzügiger mit den Nahtzugaben hätte ein müssen, weil das alte Kunstleder durch die offene Naht unheimlich verzogen und zusammengeschnurzelt war. Aber sei´s drum, beim nächten Mal eben.

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Untendrunter hatte der, wie soll ich ihn nennen, „Futterstoff“ seine besten Zeiten auch längst hinter sich, also ab damit! Da drunter war dann der vordere Sitzbereich so plattgesessen, dass ich ihn vorm Beziehen mit dickem Volumenvlies aufgepolstert habe, die restliche Polsterung (sah aus wie Malervlies) war okay. Als Futterstoff habe ich Baumwolle verwendet. Die habe ich auf Zug gebracht und am Rahmen festgetackert. Alles, was überstand, habe ich bis auf ca. 1 cm gekürzt.

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Für den Bezug habe ich mir beim Stoffdealer um die Ecke Paspel in Schwarz besorgt, was sich ja auch schon im Stoff wiederfand. Auch hier ist es so, dass ich nun für den nächsten Stuhl schon mal ein wenig schlauer bin: Als Näh-Urschel bin ich es gewohnt, Paspelanfang/-ende unten bzw. hinten zu platzieren. Habe ich beim Bezug aus Macht der Gewohnheit auch gemacht. Siehste jetzt halt. Seitlich wär´ hübscher gewesen, weil so der Übergang unter dem Seitenteil der Lehne verschwunden wäre. Aber sei´s drum Pt. 2!

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Als der Bezug fertig war, wurde es für mich dann spannend: Passt das jetzt auch alles, wenn es auf Zug gebracht ist? Auch hier sage ich: Mit ein wenig mehr Großzügigkeit in der Stoffbreite des Rahmenstoffes hätte ich mir definitiv einen Gefallen getan. Das Beziehen hat gerade noch so gut geklappt, eine Minifalte habe ich drin, aber beim nächsten Mal heißt es mehr Stoff-Spiel, das erleichtert das Festtackern.

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Fast fertig. Zuletzt kam der superoberspanndende Teil für mich: Kriege ich alle drei Teile, also Lehne, Sitzfläche und den Unterboden mit den Stuhlbeinen auch wieder zusammengebaut?
Jep. Aber ganz modern mit Akkuschrauber.
;)

Ich binnnnnnicht unzufrieden mit dem Ergebnis. Also, eigentlich bin ich schwer begeistert.
Ich habe für die Arbeit Schraubenzieher, Stoffschere, Tacker und Munition, Hammer, Zange und ein wenig Gaffatape gebraucht (weil ein so´n Zugband an einer Sprungfeder gerissen war, was weiß ich!?). Klar, die Haushaltsnähmaschine kam auch zum Einsatz und musste stärkeres Garn als sonst verarbeiten. Das verbrauchte Material hat mich insgesamt vielleicht 20 € gekostet.
Schade, nicht wahr, dass die anderen drei Cocktailstühle in diesem Haushalt intakt sind…aber der Zahn der Zeit wird´s schon  richten…muahahahaaaaaaaaaa!

P.S. Bei Teenage Wasteland könnt Ihr mal gucken, wie das Baby ursprünglich ausgesehen hat. Ist auch sonst ne ganz herrliche Alte-Möbel-Anguck-Seite. :)

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Kommentare

5 Antworten zu „Where are the cocktails, hon?”.

  1. […] sich noch jemand an mein Aufmöbelprojekt vom letzten Juli? Da ist etwas übriggeblieben, nämlich der etwas ramponierte […]

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  2. Wunderschön, wie immer! Ich liebe deinen Stil!

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  3. RESPEKT AUSRUFEZEICHEN

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