Ne, im Ernst, ich bin ja gar nicht andauernd auf der Jagd nach neuen Schnittmustern, ich nähe ja hauptsächlich meine eigenen Schnitte für Euch, deshalb kriege ich auch 99 % der Neuerscheinungen gar nicht mit und stoße dann Monate / Jahre / ja, auch Jahrzehnte später durch Zufall auf etwas, was ich interessant finde und dass dann auf meiner Liste landet; was aber nicht heißt, dass es zeitnah eingekauft und realisiert wird.
Jacke Clara war so ein Fall. Letzten Herbst entdeckte ich sie auf einer Facebook-Seite und war gleich ganz verschossen in das schöne Retroteil. Und an allen, die Clara genäht und verbloggt hatten, sah sie auch noch super aus! An allen, echt wahr!
Ich also diesen Monat endlich den Schnitt gekauft, auf den ich dann noch ein paar Tage warten musste, weil´s die lillestoff-Schnittmuster gar nicht digital zum Download gibt. Aber Vorfreude ist ja…ach, ihr wisst schon. :)
Den Stoff für Clara habe ich mir bei kleinkariert Stoffversand geholt und zwar einen hellblauen Mini-Jacquard in Bioqualität von ALB Stoffe aus der Hamburger Liebe-Kollektion ‚Into the wild‘, den ich so extrem entzückend finde, dass ich ihn am liebsten noch auf Halde in anderen Farben geshoppt hätte. Aber noch konnte ich´s mir verkneifen! Es gilt gerade: Zuerst das Projekt, dann der Stoff. ;)
So! Nun aber zu Clärchen:
Die Anleitung ist vom Text her sehr überschaubar und enthält nur wenige Zeichnungen, sodass sie definitiv nix für Anfänger ist. Hat man aber schon ein bisschen Erfahrung im Kleidernähen und in der Arbeit mit dehnbaren Stoffen, sollte die Realisation kein Problem darstellen. Beim Übertragen des Schnittmusters auf den Stoff müssen die Nahtzugaben extra angezeichnet werden, da diese im Schnittmuster nicht enthalten sind. Empfohlen werden 1 cm bis 1,5 cm. Da ich in erster Linie mit der Overlock gearbeitet habe, habe ich mich gleich für eine Nahtzugabe von 0,7 cm entschieden. Größentechnisch stecke ich laut angegebener Größentabelle gerade zwischen 38 und 40, dachte mir aber, dass mein Umfang im Frühjahr ja eh wieder weniger wird und schnitt deshalb die Größe 38 zu. War auch gut so!
Beim Nähen war für mich das Einsetzen des fertig genähten Ärmels in den fertig genähten Korpus Neuland. Hat auf Anhieb gut geklappt, obwohl ich sonst immer so verfahre, die Ärmel- und die Seitennähte des Oberteils in einem Rutsch zu verschließen, wie wahrscheinlich viele andere von Euch auch.
Absolut schmuck finde ich auch das Ergebnis, wenn man die Blenden mit der Einlage vor dem Bügeln miteinander verstürzt, also rechts auf rechts (die Klebefläche der Vlieseline gilt als linke Seite!) an den offenen Kanten des Schnittteils vernäht, dann wendet und ausformt und erst zuletzt festbügelt. Ergibt eine superschicke, saubere Kante, habe ich vorher nie drüber nachgedacht!
Das einzige, was ich echt frickelig fand, war das Verschließen des Wendelochs an der hinteren Stoßkante zwischen Korpus und Saum. Das lag aber am Stoff, denn der Jacquard rollt sich stark ein, so dass das Vernähen mit dem Matratzenstich für mich ein ziemlicher Kampf gewesen ist, denn die Oberteil-Stofflage soll ja zwischen den beiden Bündchen-Stofflagen liegen. Das Ergebnis, naja, ist okay, habe ich aber schon besser gemacht.
Die Anprobe war dann allerdings auch erst einmal enttäuschend: Clara und ich, wir sahen zusammen aus wie A… mit Eimer. Einzig die Schulternähte saßen da, wo sie sitzen sollen. Ansonsten sah Größe 38 an mir jedoch viel zu kastig aus, um einfach drei Häkchen als Verschlüsse anzubringen und die Jacke vorne etwas auseinanderklaffen zu lassen. Und sie offen zu tragen ging schon gleich dreimal nicht, das sah aufgrund der Beschaffenheit des Stoffes dann endgültig nach Lappen aus! Ja, Mist!
Also musste Puppe Reni das Jäckchen anziehen, und ich probierte, ob ich die Vorderseiten auch überlappen lassen könnte. Was war ich froh, dass das die Lösung war! Clara hat nun Knopflöcher und eine Knopfleiste selbst bezogener Knöpfe und die auslaufenden Enden des Bubikragens treffen von vorne betrachtet nur ein ganz klein wenig zu weit links aufeinander. Da sehe ich jetzt aber mal großzügig darüber weg!
Fazit: Sehr schönes Retroschnittmuster für Fortgeschrittene! Und ich kann nur wieder betonen: An allen Damen, an denen ich Clara gesehen habe, sah die Variante mit den Knebelverschlüssen oder Häkchen gut aus. Ich selbst plane lieber eine Knopfleiste für zukünftige Claras ein, denn wir zwei werden dicke Freundinnen! Ich hätte Bock auf ne Strickvariante!
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